Resüme zur ARD-Sendung: Einsteins Boot
Datum: Dienstag, 18. Februar 2003 um 01:07
Thema: Probleme & Lösungen der Gesellschaft


Die Nazis einmal nicht als Massenmörder, sondern als kleine Diebe, die für einen kleinen finanziellen Gewinn menschliche Existenzen vernichten oder sogar den Tod dieser Menschen verursachen.


Hallöchen

Ist schon vorüber, aber darüber sprechen kann man auch danach. Und zwar ging es, ich hatte glaub vor Monate bereits über eine ähnliche Sendung berichtet, über den Umgang mit jüdischen Deutschen in den Anfangszeiten des Nazionalsozialismus. Ich finde so etwas interessant, weil es die Geschichten hinter den nackten Zahlen illustriert und den Alltag der Mitläufer und Profiteure sichtbar macht. Weil es eben zeigt, wie solche Katastrophen im Kleinen funktionieren. Die Nazis einmal nicht als Massenmörder, sondern als kleine Diebe, die für einen kleinen finanziellen Gewinn menschliche Existenzen vernichten oder sogar den Tod dieser Menschen verursachen.
Und weil diese Dinge zeigen, wie unübersehbar das Drama für alle war, die später dann erklärten, daß man das doch nicht ahnen konnte.
Da ging es dann um Ärzte, die gegen den beliebten jüdischen Arzt intrigieren um mehr Patienten zu bekommen etc.

Und eine Geschichte will ich mal im Detail wiedergeben. Und zwar spielte das in einer kleineren Gemeinde namens Lüdenburg oder so ähnlich. Da gab es einen jüdischen Schuhhändler, die dort eine Salamander-Filiale hatte. Eines Tages beschloß der mit einem Parteibuch der NSDAP ausgestattete Bürgermeister sich etwas im Sinne des deutschen Volkes zu engagieren und wies alle im Dienste der Gemeinde stehenden Personen an, fortan nicht mehr beim Juden zu kaufen. Die meisten Leute waren schnell dabei, doch enstand ein Problem: Salamander-Schuhe waren die besten und man wollte nicht so recht drauf verzichten - nicht mal dem deutschen Volke wegen. Also schrieb der Bürgermeister erstens an die Vermieterin des Schuhhändlers, sie möge doch bitte tätig werden und dem Undeutschen (der übrigens sehr gerne Deutscher war und in seinem Laden sogar eine Auszeichnung hängen hatte, weil er im 1. WK für sein deutsches Vaterland gekämpft hatte) den Mietvertrag kündigen. Und er schrieb an Salamander, das Unternehmen, und erklärte, man würde doch so gerne Salamander-Schuhe kaufen, aber mit dem blöden Juden sei das ja nicht zu machen. Ob man nicht das Geschäft an einen richtigen Deutschen weitergeben könnte?
Und Salamander wußte, was die deutsche Sache erwartete und antwortete ihm, man sei ebenfalls schon länger unglücklich mit dem Händler, könne aber keine Alternative finden. Aber man würde sich freuen, wenn jemand bei der Suche nach einem Nachfolger behilflich wäre.
Gesagt, getan. Bald wurde das Geschäft dichtgemacht und zwei Häuser weiter ein neuer Salamander-Laden eröffnet, in dem man als Deutscher einkaufen konnte, ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen.

Na, ist das eine Geschichte? Kommt einem vor, als hätten sich Poe und Satre ein Kilo LSD eingeworfen und am Wettbewerb der groteskesten Satire teilgenommen. Und dennoch ist solches tausendfach passiert. Vor nicht einmal 70 Jahren, rund um uns herum.

Der Schuhhändler ist übrigens ins Ausland geflohen und seine Familie im KZ gestorben. Oder war das jetzt der Arzt und seine Familie? Spielt doch keine Rolle.





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