Viel Lärm um Enttarnungen
Datum: Samstag, 29. Oktober 2005 um 21:36
Thema: Skandale & Bananen


Judith Miller gab ihren Informanten nicht preis und kam in Beugehaft. Die Presse sah sich mit der Judikative auf Konfrontationskurs. Doch die Justiz sollte Recht behalten.

Man fürchtete gar um die Einschränkung der Pressefreiheit in den USA. Für ihr Schweigen und ihre Bereitschaft, eine Haft in Kauf zu nehmen, wurde Miller bewundert. Doch das Blatt hat sich gewendet. Miller wird nicht mehr gepriesen, sondern kritisiert, von manch Journalisten sogar verachtet, denn ihr Informant ist aus dem Weißen Haus. Somit hat sie eine Staatsaffäre gedeckt.

Wen sollte die New York Times jetzt preisen? Vielleicht Patrick Fitzgerald, den Staatsanwalt, den das Weiße Haus fürchtet. Kühn, wie er ist, erhob er seine Anklage gegen Libby, Stabchef des Vizepräsidenten, und Libby erklärte daraufhin seinen Rücktritt, mit gutem Grund: der Fall ist vielleicht nicht nur eine Staatsaffäre - sondern womöglich ein "Treppenwitz".

Valerie Plame wurde als CIA-Agentin enttarnt. Vielleicht war es ein Racheakt, da ihr Mann seine Zweifel über die Uran-Niger-Affäre geäussert hat, die sich tatsächlich auch als Gespinst herausstellte. Hat das Weiße Haus zur Rechtfertigung der US-Operation im Irak Geheimdienstinformationen aufbauschen, vielleicht gar manipulieren lassen, ist die alte und zugrundeliegende Frage. Die Diskussion dieser Frage wird fortan auch in Gerichtssälen fortgeführt. Der Informant Libby ist jetzt auch ein enttarnter Mann, und Miller, die ihm das Ohr schenkte, wurde zu Recht gebeugt.

Die Folgen für das Weiße Haus sind eklatant. Die Regierung befindet sich in Erklärungsnot, Präsident Bush ist im Stimmungstief, sein Berater Rove ist auch im Visier der Ermittler. Die nächsten Wochen werden mühsam, denn das Weiße Haus bekommt die eigene Vergangenheit von judikativer Seite wieder auf den Teller präsentiert und will es eigentlich nicht. Für die Medien wird das ein gefangenes Fressen, wie auch der Fall Miller vor drei Monaten. Zugleich wäre es aber für die Medien in den USA ratsam, allen voran die Printpresse in New York, über sich selbst zu reflektieren. Es ist nicht immer gleich die Pressefreiheit bedroht. Die Auflage wird schon nicht einbrechen und die nächsten Skandale kommen bestimmt. Anwälte und Gerichte sind dann gefragt, die das Gesetz korrekt anwenden. Auch wenn es schmerzhaft ist.





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