US-Operation im Irak: Täuschung und Interesse
Datum: Mittwoch, 13. April 2005 um 00:42
Thema: Weltpolitik


Im Krieg stirbt die Wahrheit zuerst, heisst es im Volksmund. Dieser Spruch ist nicht einfach vom Himmel herabgefallen, sondern er ist alt und beruht auf Erfahrungen: Kriege, an deren Anfang Täuschung und Lüge die Interessen kleideten, die gab es. Ein historisch junges Beispiel, in dem Lüge lange Beine geschaffen wurden und sie zur Entfachung eines Angriffskrieges diente, ist der Irakkrieg 2003. Der Streit um die Legitimation zeigt deutlich, wie darauf gezielt wurde, Wahrheiten zu ersticken. Geheimdienstinformationen wurden verfälscht und aufgebauscht und Aussagen von Experten nicht gewührdigt. Die Argumente und die Faktenlage wie sie ein Hans Blix präsentierte, stellten eine Bedrohung für den angestrebten Angriffskrieg dar.

Nun wertet ein aktueller Kommissionsbericht zum Irak die Vorgänge um und die Informationen neu, die ein falsches Bild vom Irak gegeben haben, und tadelt erwartungsgemäss die Arbeit der Agenten der Geheimdienste, verkennt aber die Rolle des Weissen Hauses. Eigentlich wollte das Weisse Haus nicht wissen, dass die Bedrohung durch den Irak aufgebläht waren, jetzt, da alle Welt es weiss, müssen Sündenböcke herhalten. Die Kommission wurde von der US-Regierung beauftragt und meistert ihre Arbeit bestens im Sinne der republikanischen Spitze.

Das Weisse Haus wird sicher informiert sein: in Nah- und Mittelost wird seit geraumer Zeit eine Neuordnung angestrebt – damit u.a. befasst sich das “Project for a New American Century”. Schon kurz nach den Septemberanschlägen in New York wurde die Möglichkeit einer terroristischen Brücke der al'Quaida mit dem Irak von offiziellen Stellen, für gegeben befunden, und die US-Regierung konnte ihre Politik an diesen Behauptungen orientieren. Die vermeintliche Bedrohung durch den Irak wurde von offiziellen Stellen weiterhin mit aller Entschiedenheit, aber auch von hinter geschlossenen Türen arbeitenden Gruppierungen aufrecht erhalten. Im August 2002 trafen sich Mitglieder des "Office for Special Plans" mit dem damaligen CIA-Chef Tenet und mit CIA-Analysten, um Verbindungen zwischen dem internationalen Terrorismus und dem Irak vorzustellen. Mitglieder der Defense Intelligence Agency [DIA] trafen sich noch im selben Monat mit Mitarbeitern der CIA, um die vermeintliche Verbindung zwischen al'Quaida und dem Irak zu untermauern. Die Agenten des CIA zeigten sich beide Male nicht überzeugt. Das Office of Special Plans hatte sogar konkrete Vorstellungen von einem Nachkriegsirak, als es noch lange bis zum Kriegsbeginn hin war. Irak sollte israelfreundlicher werden und der Iran umgeben von Ländern, die mit den USA liiert sind. Das ist doch ganz im Sinne der US-Regierung! In Chalabi sahen die Pentagongruppe den ersten Staatsmann für den Nachkriegsirak und er war es auch, der dem Pentagon Informationen über Massenvernichtungswaffen zuspielte. Diese Informationen posaunte Colin Powell in die ganze Welt hinaus. Und nun wissen wir: Chalabi wurde es nicht und ausser Thesen war nichts gewesen. Powell präsentiert sich mittlerweile als Opfer von Falschinformationen. Was hätten die USA getan, wenn diese trügerischen Einzelheiten früher erkannt worden wären – hätten sie ihre Flotte wieder abgezogen, die schon monatelang vor Angriff auffuhr?

Der Irakfeldzug ist geschehen, doch der Konfliktherd nicht gelöscht. Terroristen agieren im Irak und der irakische Terrorismus hat sich dem Internationalen Netz angeschlossen. Sarkawi wird als zweiter Mann des internationalen Terrorismus gehandelt. Ein Misslingen? Die Argumente, die das Weisse Haus für den Einmarsch sehen, erscheinen plump. Die Welt sei 'ohne Saddam' besser, eine Demokratie ist installiert, man würde es so wieder tun. Über die Toten schweigt sich das Weisse Haus lieber aus, über 1500 US-Soldaten sind gefallen, über 100.000 Iraker/Innen verloren ihr Leben. Experten mahnen, dass diese Art von Politik keine Schule machen darf. Bevölkerung, Sicherheitskräfte, Politiker, Journalisten und Soldaten leben in ständiger Unsicherheit und Spannung, wie es auch der Fall Sgrena nur zu deutlich untermalte. Erfolg gibt es, aber nur den Erfolg hochzuhalten ist eine halbe Lüge. Selbst Großbritannien macht den USA den Vorwurf, dass für ein Nachkriegsirak kein wohldurchdachtes Konzept vorhanden war – zum Vorteil für die Terroristen. Und zur Belastung des Weissen Hauses: die Federführung in der Aussenpolitik lag zum Großteil nunmal in seiner Hand. Eine Schönfärberei seiner Politik und seiner Entscheidungsfindung im Vorlauf des Krieges, wie der aktuelle Kommissionsbericht sie begünstigt, ist eine Täuschung in ihrem Interesse.





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